Wednesday, January 6, 2016

Friede als Weg und Ziel - Fortsetzung des Diskurses über Realpolitik



Zu Ghandi

Der Friede als Weg genügt mir nicht, ich will auch das Ziel. Ich arbeite für eine humanere, gerechtere, friedliche Weltwirtschaftsordnung, wie sie auf der Agenda der Blockfreien angedacht war. Wie Du weißt, liebe  Freundin bemühe ich mich dabei im Rahmen meiner Natur und meiner intellektuellen und schöpferischen Möglichkeit um genau jene Prinzipien, die Du mir, entschuldige, vorbetest, so als kenntest Du mich nicht. Wir wollen beide das Hinhören, die Begegnung, den Dialog, nicht wahr?. Wir bemühen uns darum einander zu verstehen.

Zulassung von Verteidigungskriegen“

Die Formulierung  nach der „ich Verteidigungskriege zulasse“ und folglich auch „rüsten müsse“, während ich logisch weitergedacht doch meine Ressourcen besser für die Abschaffung von Armut, Krankheit, Gerechtgkeit etc. einsetzen könne, klingt sehr von der Kanzel herabgesprochen. Natürlich sollten Staaten nicht ihr Geld für Rüstung verschwenden. Selbstverständlich nicht, aber da genau sitzt doch das Problem. Sollen alle kuschen vor dem US-amerikanischen, Weltherrschaftssanspruch erhebenden Regiment? Sollen jene Völker, die vom Terror niedergewalzt werden, kampflos kapitulieren? Sollen die Palästinenser etwa jeden Versuch sich zu wehren aufgeben, nur weil sie gegenüber der Übermacht chancenlos sind. Wir sind uns einig, dass das unsinnig ist und nicht hinnehmbar, denke ich. Wie aber wehrt man sich gegen Mächte, deren erklärtes Ziel es ist, andere zu zerstören, niederzuwalzen und gefügig zu machen?
Ich lasse die Antwort bewusst offen. Hast Du mal jüngste Bilder des zerstörten Kulturlandes Syrien gesehen? Soll man mit den Barbaren, die dort wüten dialogisieren?

Historisch und global denken

Der postmoderne Dekonstruktivismus schüttet mit seiner Ablehnung des Positivismus und seiner Ablehnung der Überprüfbarkeit von Fakten das Kind mit dem Bade aus. Historisch und wissenschaftsgeschichtlich betrachtet war der Positivismus ein Fortschritt, wenn auch nicht das Ende. Der historische und dialektische Materialismus ging einen Schritt weiter.
Um historische Vorgänge adäquat beurteilen zu können, bedarf der Kenntnis jenseits ideologiegefärbter Behauptungen. Es bedarf des intensiven, unvoreingenommenen Quellenstudiums! Die Geschichtswissenschaft kann als solche betrieben menscheitlich bedeutende Dinge zu Tage fördern. Du unterstellt nun einfach sämtlichen „vergangenen Revolutionen einen blutigen Charakter“ und übernimmst damit unkritisch und ohne exaktes Wissen anzuführen das Urteil der Herrschenden, die uns immer weiter in den Ruin treiben mit ihrer Realtitätsverleugnung.
Aus herrschender Sicht sind alle jene Revolutionen unblutig, in denen die ihnen unterlegene Seite kapituliert hat. Als friedlich gilt die KONTER-Revolution, die sich auf den Gebieten sämtlicher ehemaliger sozialistischer Osteuropas Staaten zugetragen hat. Die Entwicklungen, die dort das Rad der Geschichte zurückgedreht haben, waren aber menscheitlich betrachtet Rückschritte. Sie haben das Zeitalter neuer, immer barbarischerer Kriege eingeleitet.
Die von der bürgerlichen Geschichtsbetrachtung gemeinhin als „blutig“ klassifizierten Revolutionen waren es aber als solche gar nicht! Weder die Französische bürgerliche Revolution noch die Arbeiterrevolution in Russland begannen unfriedlich. Zu Blutvergissen kam es weil die Weißen, die Bürgerlichen und im ersten Fall der einheimische und der mit ihm Verbündete ausländische Adel die Konterrevolution aufmarschieren ließ. Der französische König ermutigte seine Brüdern und Schwestern in den Nachbarländern dem revolutionären Frankreich den Krieg zu erklären. In Russland lagen die Dinge noch viel deutlicher zutage, die Zeit liegt uns näher, zeitgenössiche Quellen liegen uns vor. Der spätere blutige Verlauf ist in allererster Linie ausländischer Subversion und Militär-Intervention (!) geschuldet, genauso wie man es heute am Beispiel Syriens beobachten kann, life!
Die Metapher von den „Fressenden Kindern“ stammt ja wohl Leonhard, einem aggressiven Antikommunisten, von einer verräterischen Stimme also. Sie klingt nicht nur falsch, sie ist es auch.
Der Aufbau der Sowjetunion nach dem Sieg der Bolschewiki im Bürgerkrieg war eine welthistorische Tat von menschheitlicher vorwärtsweisender Bedeutung, auch wenn sich keiner traut, das heute so einzuschätzen. Darüber gibt es Quellen die Menge aus allen Sprachen der Welt. Diese Aussage ist ebenso überprüfbar, wie der Fakt, dass mit dem Niedergang und der Zerstörung der SU weltgeschichtlich ein vorläufiger Niedergang eingeleitet wurde, eine weltgeschichtliche Tragödie ihren Anfang nahm. Dass kaum einer das wahrzunehmen bereit ist, ändert nichts an der Richtigkeit dieser Feststellung.
Vor 1989 ging es erheblich friedlicher zu in der Welt, das Schlimmste stand uns noch bevor:
1991 Krieg gegen den Irak mit Duldung von Russland.
1999 der erste Nachkriegs-Krieg in Europa mit deutscher Beteiligung und die Zerstörung der einer demokratischen Republik.
2001 Krieg und fortlaufende Zerstörung in, nein gegen Afghanistan
2003 Zerstörung der Staatlichkeit des Irak und Verberietung eines um sich greifenden Terrors
2011 Libyen und Syrien und weiter Zerschlagung von Staaten in Afrika, etwa Zerteilung des Sudan...

Ganz allmählich bildet sich nun unter Putins Anleitung in Russland ein Gegenpol heraus, der mit China kooperiert und mit den progressiven Staaten Lateinamerikas.

Wie stellst Du, liebe Freundin Dir denn Veränderungen in der Welt vor, die nicht von nationalstaatlicher Seite ausgehen? Nur auf dem Boden souveräner Nationalstaaten können sich Widerstandsformen bilden, die schließlich zu einer kooperativeren Weltordnung führen können. Warum bloß verweigert man seitens US-EU-Israels den Palästinensern so entschieden die Anerkennung als Staat?
Da wo es keine eigene nationale Ordnung gibt, da herrscht Besatzungs- un-recht, da dirigiert der Stärkere, der militärisch überlegene.

Wer solche Zustände verändern will, der muss mit den eigenen Leuten zusammenarbeiten und eine Ordnung bilden. Ob das Gebilde später einmal Staat oder Gemeindordnung heißen wird oder Polis, eine Ordnung, eine Administration muss es auch in der Zukunft geben, sonst herrscht eben das Chaos und im Chaos bestimmt der Mächtigste ohne Rücksicht auf Verluste. Genau das Erleben die Menschen in Libyen, in großen Teilen Syriens und im Irak.
Wenden wir uns also diesen heutigen Tatsachen zu und tun wir das Unsere, um sie einer Besserung zuzuführen.

Herzlichst Deine Irene