Saturday, November 9, 2013

"Journalisten müssen sich der Macht entgegenstellen" Snowden Mitarbeiterin Sarah Harrison


Sarah Harrison wandte sich mit einem offenen Brief an die deutsche Öffentlichkeit. Darin beschreibt die Journalistin es als ihre Pflicht, "sich der Macht entgegenzustellen". Gleichzeitig wirbt sie dafür, Snowden Asyl in Deutschland zu gewähren. 
tagesschau.de dokumentiert das Statement der Snowden-Vertrauten im Wortlaut.

Die Reform- und Rechts-Linke verteufelt Israelkritik


09.11.2013 / Wochenendbeilage / Seite 3 (Beilage)Inhalt

Der Schwarze Kanal: Potemkinsche Linke

Von Werner Pirker
Der am Sonntag im Berliner Congress Center stattfindende dritte »Israel-Kongreß« wird von einer Protestveranstaltung begleitet werden. Angeführt von der Organisation »Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost« richtet sie sich vor allem gegen die »strategische Partnerschaft« des Kongresses mit dem »Jüdischen Nationalfonds« (JNF), dem die Veranstalter in ihrem Aufruf eine rassistische Politik der »Judaisierung«, das heißt der jüdisch-israelischen Kolonisierung der besetzten palästinensischen Gebiete vorwerfen.

Protest gegen einen Israel-Kongreß, auch wenn er maßgeblich von Juden mitgetragen wird, kann natürlich nur antisemitisch motiviert sein. Ergeben sich Berührungspunkte zu Teilen der Linkspartei, ist eine Sondersitzung des Bundestages anzuberaumen, auf der die »antifaschistische Gesinnung« der Linken auf dem Prüfstand steht. Als Anstifter zu Hetzkampagnen gegen die eigene Partei stellen sich Vertreter des »Reformflügels« der Linkspartei gerne zur Verfügung. Am äußersten rechten Rand der Parteirechten hat sich Potemkin, die »Zeitschrift für kritische Linke« positioniert. Nach dem Rückzug der Party-Zionisten vom BAK Shalom aus dem Parteileben wacht die vorgebliche Panzerkreuzer-Besatzung an vorderster Front über die von Gregor Gysi zur Parteiräson erhobene deutsche Staatsräson der unbedingten Solidarität mit dem zionistischen Siedlerkolonialismus. In Erwartung des Israel-Kongresses wird schon mal vorsorglich Stimmung gegen die Kritiker der zionistischen Kolonisierung gemacht. Und wie es sich für demokratische Sozialisten bzw. emanzipatorische Linke gehört, schwingen die Potemkin-Leute das Damoklesschwert des Parteiausschlusses über Annette Groth, eine der Unterzeichnerin des Aufrufes gegen die JNF-Propagandashow.

»Noch 2010«, erinnert sich Potemkin-Autor Manuel Boehm, »begleitete sie zusammen mit ihren Fraktionskollegen Inge Höger und Norman Paech auf der ›Mavi Marmara‹ eine – waffentechnische – Hilfslieferung an den palästinensischen Volkskörper.« Die Unbekümmertheit, mit der hier die israelische Propagandalüge – »Waffen für die Hamas« – aufgetischt wird, gehört bei solchen Schreiberlingen zur Berufsehre. Daß Boehm mit der Bezeichnung »Volkskörper« die Palästinenser als von der Naziideologie verseuchtes Kollektiv herunterzumachen versucht, weist ihn als üblen Rassisten aus. Einer, der sich freilich auf der politisch korrekten und damit sicheren Seite wähnt.

Und als solcher empört er sich besonders über den im Aufruf verwendeten Begriff »Judaisierung«. »Nicht ohne Hintergedanken«, mutmaßt er, »werden die Verfasser dieses durchweg unappetitlichen Aufrufs den Begriff ›Judaisierung‹ benutzen. Erinnert er doch sprachlich an die ›Arisierung‹ der Nationalsozialisten und stellt damit Israel zumindest verbal in eine historische Reihe mit den Verbrechen des deutschen Faschismus.« Daß die Zionisten den Begriff »Judaisierung« affirmativ verwenden, also keineswegs als anstößig empfinden, kann Manuel Boehm mangels tieferer Kenntnisse über den Nahostkonflikt nicht wissen. Ihm sei deshalb zur Kenntnis gebracht, daß der JNF 13 Prozent des Landes in Israel direkt kontrolliert und als Teil der Israelischen Landkommission an der Verwaltung von weiteren 80 Prozent beteiligt ist. Zugleich legt er Wert auf die Feststellung, »keine öffentliche Körperschaft« zu sein, »die im Auftrag aller Bürger des Staates handelt. Seine Loyalität gilt dem jüdischen Volk und nur diesem ist er verantwortlich.« Die Unterscheidung zwischen Juden und Nichtjuden, begründet der JNF seine diskriminierende Landvergabe, bilde »die Grundlage der zionistischen Vision«. (zitiert aus Petra Wild: »Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina«) Der rassistische Charakter der JNF-Politik ist keine antisemitische Erfindung, sondern entspricht ihrer Selbstdarstellung.

Für den Potemkin-Schreiber aber bleibt Annette Groth »eine der üblichen ›Verdächtigen‹ des latenten Antisemitismus der Linken«. Eine, die den »Warnschuß« von 2010 nicht verstanden habe, als die Linken-Fraktion den Schulterschluß mit der staatstragenden Israel-Solidarität dekretierte und sogar noch weit darüber hinausging. Denn auf die Idee, das Eintreten für einen gemeinsamen Staat für alle Bürger auf dem Boden des historischen Palästinas unter Antisemitismusverdacht zu stellen, ist bisher noch keine andere Partei gekommen. Das ist die Atmosphäre, in der eine potemkinsche Linke es sich leisten kann, die antiimperialistischen Kräfte in der Partei als »rotbrauen Sumpf« zu bezeichnen, den es trockenzulegen gelte. Für einen Warnschuß wäre es höchste Zeit.

"Israel mit dem Rücken zur Wand", Werner Pirker, Junge Welt


09.11.2013 / Ansichten / Seite 8Inhalt

Mord mit Ansage

Israel mit dem Rücken zur Wand

Werner Pirker


Mit Vehemenz betätigt sich Israels Ministerpräsident Netanjahu als Quertreiber gegen eine Einigung im Atomstreit des Westens mit dem Iran. Dies wäre ein historischer Fehler. Israel fühle sich deshalb auch nicht verpflichtet, sich an ein Abkommen zu halten, sagte er vor seinem Treffen am Freitag mit US-Außenminister Kerry in Tel Aviv. Das bedeutet, daß die israelische Führung auf »Teufel komm raus« an der militärischen Option im Konflikt um den Iran festhalten will. Doch das wird ohne Unterstützung durch die USA nicht möglich sein. Käme ein Deal des Westens mit Teheran tatsächlich zustande, stünde die Regierung Netanjahu vor den Trümmern ihrer Politik. Denn diese baute auf das Zustandekommen eines Kriegsbündnisses gegen den Iran. Wird einem solchen durch ein Abkommen zur Beendigung des Atomstreites der Boden entzogen, könnte es ziemlich einsam werden um Israel.


Entsprechend gereizt reagiert Netanjahu auf die sich zuungunsten des zionistischen Staates verändernde Situation. Zuerst der »arabische Frühling«, der Israels privilegierte Stellung als »einzige Demokratie« in Nahost in Frage zu stellen schien. Dann der amerikanische Rückzieher gegenüber Syrien, als Israel die Chance sah, den historischen Feind aus dem Weg zu räumen. Und nun auch noch die Annäherung zwischen dem Westen und Iran. Dazu die ständige Kritik am israelischen Siedlungsbau in Ostjerusalem und im Westjordan­land. Und dann kommen auch noch irgendwelche Schweizer und behaupten, daß Palästinenserführer Jassir Arafat im Oktober 2004 einem Giftanschlag zum Opfer gefallen sein könnte.


Ein Forschungsteam hat in der Tat ungewöhnlich hohe Mengen des radioaktiven Stoffs Polonium in Arafats sterblichen Überresten konstatiert, ohne sich auf eine absichtlich herbeigeführte Vergiftung festzulegen. Doch das genügte, um israelische Regierungsvertreter unbeherrscht wie ertappte Giftmörder reagieren zu lassen. Die Forscher wurden als Almdeppen und die Untersuchungsergebnisse als »löchrig wie ein Schweizer Käse« hingestellt.


Es sind indes im Laufe der letzten Jahrzehnte zu viele Fälle israelischer Staatskriminalität, darunter laufend durchgeführte außergerichtliche Exekutionen, bekanntgeworden, um Arafats qualvolles Sterben nicht als äußerst verdächtig erscheinen zu lassen. War es Mord, dann einer mit Ansage. Nach dem Scheitern einer Friedenslösung zu amerikanisch-israelischen Bedingungen ist der Palästinenserpräsident von der israelischen Führung zum Abschuß freigegeben worden. Es bestand die Wahl zwischen freiwilligem Exil, Verbannung und Liquidierung. Der rapide Verfall des PLO-Führers nährte den Verdacht, daß er nicht auf natürliche Weise ums Leben gekommen ist.


Tel Aviv ist bisher noch für keine seiner ungezählten extralegalen Hinrichtungen zur Verantwortung gezogen worden. Das wäre wohl auch im Fall einer zweifelsfrei erwiesenen Ermordung Arafats durch seine Dienste so. Um Israels Ansehen hingegen steht es so schlecht wie noch nie.