Friday, April 12, 2013

Halabja - wer trägt die Verantwortung?


Irananders Ausgabe Nr. 139, 15/2013

im letzten Monat jährte sich die Tragödie von Halabja zum fünfundzwanzigsten Mal. Am 16. März 1988 gegen 11:00 Uhr griffen irakische Kampfflugzeuge die Stadt Halabja mit Giftgas an. Schätzungsweise 3.200 bis 5.000 Menschen fanden den Tod.

In einer Zeit, wo die Welt geteilt war zwischen Ost und West und damit die militärischen Konflikte Stellvertreterkriege zwischen den USA und der damaligen UDSSR waren, sticht der 8-jährige irakisch-iranische Krieg der 1980er Jahre als Ausnahme hervor. In diesem Krieg unterstützte sowohl Ost als auch West das irakische Bathregime von Saddam Hussein und zeitgleich wurde Iran selbst darangehindert, geeignete Schutzausrüstungen gegen chemische Waffen zu erwerben.

Wie der international ausgezeichnete iranische Filmemacher Rafi Pitts bei der Berlinale 2011 vortrefflich formulierte, ist die Handlungslogik der derzeitigen Machthaber in Iran bis heute vom Krieg gegen Irak gekennzeichnet und geprägt. In diesem Sinne ist eine Stellungnahme Irans zu den Ereignissen in Halabja von Interesse, die hiermit im dieswöchigen Bulletin wiedergegeben wird.

Wir wünschen Ihnen ein interessiertes Lesen.

Mit freundlichen Grüßen 

Irananders

Im Folgenden geben wir zur Dokumentationszwecken nahezu ungekürzt und leicht redigiert die iranische Sichtweise zur Verantwortung der internationalen Gemeinschaft hinsichtlich Massenvernichtungswaffen - so wie sie aus einem uns vorliegenden Dokument hervorgeht – wieder.

Weiter

"Ein Goliath im Gewande des David"


Die „Israel Defense Forces“ sichern dem jüdischen Staat die unangefochtene militärische Vorherrschaft im Nahen Osten sagt Jürgen Rose

Nicht die Existenz Israels ist militärisch bedroht,sondern die Lage ist genau umgekehrt: Im gesamten Nahen und Mittleren Osten verfügt allein der Staat Israel in Gestalt der Tzva haHagana leJisra’el über ein militärisches Instrumentarium, das es ihm erlaubt, jeden einzelnen seiner tatsächlichen Feinde oder auch nur potentiellen Gegner mit überwältigender Militärgewalt bis hin zur totalen atomaren Vernichtung zu bedrohen. „Israels militärische Überlegenheit ist erdrückend“305 – alles andere ist Legende.
Jürgen Rose ist Oberstleutnant der Bundeswehr a. D. und Vorstandsmitglied der kritischen SoldatInnenvereinigung „Darmstädter Signal“.
Er klagt:
--- ich habe diese Broschüre in gedruckter Form vor einiger Zeit schon an alle großen Mainstream-Zeitungen geschickt habe, ohne daß bis dato auch nur die geringste Antwort kam.
Namentlich hatte ich folgende Adressaten mit einem zweiseitigen erläuternden Brief postalisch angeschrieben:
  • Josef Joffe, DIE ZEIT
  • Ines Pohl, die tageszeitung (taz)
  • Kurt Kister, Süddeutsche Zeitung
  • Markus Spillmann, Neue Zürcher Zeitung
  • Klaus-Dieter Frankenberger, Frankfurter Allgemeine Zeitung
  • Jakob Augstein, Der Freitag
Zumindest eine kurze Antwort hätte schon dem Gebot der Höflichkeit entsprochen.

Mit herzlichen Grüßen,
                                            JR



"Systemwechsel im historischen Palästina gefordert" Betrachtungen von Evelyn Hecht-Galinski


Kommentar
Jenseits von Wahrheit
Von Evelyn Hecht-Galinski

Im deutschen Blätter-/Märchenwald habe ich erneut Furchtbares gefunden. Es ist nicht nur das Schweigen im deutschen Blätterwald, wenn es um den Palästina-Konflikt geht, sondern darüber hinaus auch die in erschreckender Weise einseitigen Fehlinformationen. Immer sind es die "militanten" Palästinenser, oder die "radikalen Islamisten", die Raketen auf Israel abfeuern, oder die Waffenruhe brechen. Man suggeriert bewusst, und das schon seit Jahrzehnten, hier die bösen Palästinenser/Muslime, da die guten Juden/Israelis. Diese Darstellung ist mittlerweile so in die Berichterstattung eingebrannt, dass sie funktioniert wie eine Gehirnwäsche. 
Tatsache ist doch, dass Wut und Verzweiflung im Gazastreifen immer stärker werden, denn die Menschen dort fühlen sich von der ganzen Welt verraten und verkauft. Es stimmt zwar, dass das israelische Besatzerregime das erste Mal seit November letzten Jahres wieder Luftangriffe flog, doch wer die schreckliche Wirklichkeit vor Ort kennt, weiß wer den Waffenstillstand nicht eingehalten hat. Die deutschen Medien berichten in der altbekannten Manier wie bereits vor den beiden schrecklichen Angriffen auf Gaza 2008 und 2011, mit den vielen getöteten Palästinensern, die hauptsächlich Zivilisten waren. Dagegen versucht man uns immer wieder glauben zu machen, die IDF handele nur in Verteidigung auf palästinensische Angriffe! Die schlimmen Kassam-Raketen aus Gaza bedrohen das kleine schutzlose Israel.
Wie sollen sich die unter Besatzung lebenden Menschen in Gaza eigentlich noch wehren? Wie sollen sie all diesen Provokationen widerstehen? Vergeltung können sie gegen den Besatzer-Staat nicht üben, dazu fehlen ihnen die Mittel. Also sollte es die Pflicht jedes Journalisten sein, wahrheitsgemäß zu berichten und nicht immer nur einseitig der israelischen Propaganda zu folgen, auch wenn das im Sinne der deutschen Staatsräson für Israel ist und von der Politik gewünscht wird. 2013 sollte es endlich an der Zeit sein, trotz der "besonderen" Beziehungen zum jüdischen Staat, einen sauberen Journalismus zu betreiben. Warum wird nicht viel mehr hinterfragt und aufgedeckt, warum der Konflikt wirklich eskaliert, und vor allem, wer der wirkliche Provokateur ist. Kann man solchen Journalisten und deren Medien eigentlich noch irgendetwas glauben? Nein, in der Tat, wer einmal lügt, dem glaubt man nicht... 
Kommen wir jetzt zu den Fakten: Von Ende November bis Ende Februar tötete Israel im Gazastreifen 4 Palästinenser und verletzte 91. Seit dem so genannten Waffenstillstand schossen israelische „Verteidigungs“soldaten 63 mal auf palästinensische Zivilisten und 30 mal griff die israelische „Verteidigungs“marine unbewaffnete palästinensische Fischer vor Gaza an. 13 mal fielen israelische „Verteidigungs“truppen in den Gazastreifen ein. Der so genannte Waffenstillstand zwischen Israel und dem Gazastreifen wurde von der "Israelischen Verteidigungsarmee" (IDF) 63 mal gebrochen. Diese Zahlen sind authentisch, sie wurden nicht nur von palästinensischen Quellen sondern auch vom UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) veröffentlicht und sind damit für JEDEN Interessierten, also auch Journalisten frei zugänglich.
Seit das israelische Regime 1967 das Westjordanland eroberte und besetzte, wurden laut der palästinensischen Gefangenenhilfsorganisation Addamir mehr als 700.000 Palästinenser inhaftiert. Das entspricht in etwa 20% der gesamten palästinensischen Bevölkerung und 40% aller palästinensischen Männer. Auch 10.000 Frauen befanden sich unter diesen Häftlingen! Ein Bericht der UN-Kinderhilfsorganisation Unicef informiert, dass in dem genannten Zeitraum auch etwa 7000 Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis siebzehn Jahren zeitweise verhaftet wurden. Der Unicef-Bericht bezeichnet dieses Vorgehen, weil man die Festgenommenen zum Teil ohne Eltern oder Anwalt verhört, als "inhuman". Ein treffender Ausdruck für die menschenrechtsverletzenden Untaten des israelischen Regimes, das mit diesen Verhören, ohne Angehörige und Anwälte, ungestört von öffentlicher Kritik, gegen Artikel 37(d) der Internationalen Kinderrechtskonvention (International Convention on the Rights of the Child) verstößt.
Tatsache ist, dass die betroffenen Kinder weder von den Eltern Abschied nehmen können, noch Kleidung, oder sonstiges mitnehmen können. Das Besatzer-Regime holt Kinder und Jugendliche nicht nur nachts aus ihren Betten, um sie zum Verhör zu verschleppen, es holt sie auch aus den Schulen. Erst kürzlich wurden in Hebron 27 Schulkinder zwischen 7 und 15 Jahren auf ihrem Schulweg von israelischen "Verteidigungs"-Soldaten verhaftet, ein weiteres furchtbares Beispiel für die Grausamkeit der Besatzer und das Nichteinhalten der Kinder-Konvention. Werden Kinder nicht gefesselt und mit verbundenen Augen in Militärfahrzeugen zum Verhör gebracht? Wo bleiben da die Medien und unsere deutschen Menschenrechtsspezialisten? Das israelische Regime betreibt 17 Gefängnisse, in denen man etwa 4800 Gefangene inhaftiert hält, darunter 200 Minderjährige, 13 Frauen, 13 Parlamentarier und 3 ehemalige Minister; dazu werden 186 Palästinenser widerrechtlich als Administrativhäftlinge festgehalten. 71 Palästinenser sind seit über zwanzig und vierundzwanzig Jahren in israelischer Haft. Damit verstößt das israelische Regime erneut gegen das Oslo-Abkommen, auf das sich Israel wenn nötig, so gern beruft; dies sieht nämlich die Freilassung aller vor 1994 inhaftierten Gefangenen vor. Welches Abkommen, oder welche Resolution ist für Israel eigentlich noch bindend? "Nur das elfte Gebot: Israel darf alles"?
Folter ist in diesen Gefängnissen an der Tagesordnung: nach dem Foltertod von Arafat Jaradat am 23. Februar diesen Jahres erhöhte sich die Zahl von in israelischen Gefängnissen getöteten Palästinensern auf 203. Seit 1967 sind 78 Palästinenser durch Folter, 51 durch unterlassene medizinische Hilfeleistung und 74 direkt nach der Verhaftung getötet (ermordet!?) worden. Seit nunmehr 11 Jahren befindet sich der wohl berühmteste palästinensische Gefangene in israelischer Willkürhaft, nämlich der erste vom israelischen Regime entführte Parlamentarier - Marwan Bargouthi, Hoffnungsträger der Palästinenser und brillanter Vordenker, wird weiter zu Unrecht als politischer Gefangener gehalten und trotz unzähliger Appelle nicht freigelassen! Warum wohl? Wer fürchtet Bargouthi so sehr und warum?
Ich hatte die Gelegenheit, die Ehefrau Bargouthis beim 8. Europäischen Palästinenser-Kongress 2010 in Berlin im Tempodrom in einer mitreißenden Rede zu hören. Ich erinnere mich noch sehr gern an diesen Kongress, auf dem ich auf Bitten der Veranstalter ein Grußwort gehalten habe, und dessen gut gewähltes Motto bis heute seine Bedeutung nicht verloren hat: "Unsere Heimkehr ist gewiss. Freiheit für unsere Gefangenen". Durch diesen Kongress lernte ich auch den sehr sympathischen iranischen Botschafter Sheikh Attar kennen, der mich und meinen Mann danach in seine Residenz einlud, wo wir ein sehr offenes und kein Thema aussparendes Gespräch führten. Vor kurzem erhielten wir eine Einladung in den Iran, die wir sehr gern annehmen würden, jedoch nur unter der Bedingung einer Zusage für einen Besuch bei dem unter Hausarrest stehenden Regisseur Pahani, dessen Filme ich sehr schätze. Das ist mir eine sehr wichtige Herzensangelegenheit und ich hoffe, dass mir die iranische Regierung diese Bedingung erfüllt, und sich nicht wie das israelische Regime verhält, das Israel-Kritikern die Einreise verweigert oder Politikern die Einreise nach Gaza. 
 Will man die wirklichen Zustände dort im Gazastreifen vor Besuchern verbergen? Gerade stellte die UNRWA ihre Lebensmittelspenden-Hilfe ein, da die Proteste der Verzweifelten und auf Lebensmittelhilfe Angewiesenen, es sind mittlerweile 800.000 Palästinenser, zu groß waren. Die Verteilzentren mussten aus Gründen der Sicherheit für die Mitarbeiter die Essensspenden stoppen, da sie wegen des knappen Budgets weniger Geld an bedürftige Palästinenser austeilen konnten und die verzweifelte Bevölkerung darauf wütend reagierte. Die UNRWA nahm die Spendenabgabe und Verteilung der Hilfsgüter am 9.April wieder auf. Siehe Standard.at Link unter meinem Kommentar.
Das sind die wahren Zustände in Gaza: erst wollte man den Eingeschlossenen die Kalorienzufuhr auf ein Minimum von 2300 Kalorien reduzieren, jetzt fehlt das Geld für die Lebensmittel! Verständlich, dass die israelische Seite nicht will, dass Besucher die wahren Verwüstungen und das Elend sehen, in das man die Bevölkerung Gazas nach den Angriffen und durch die Abriegelung gestürzt hat, und wie das größte Freiluftgefängnis der Welt aussieht. Hoffentlich macht Ministerpräsident Erdogan seine Ankündigung bald wahr, den Gazastreifen zu besuchen, auch das wäre ein wichtiges Signal. Auch Besuche bei den palästinensischen Hungerstreikenden wären dringend erforderlich. Friedensnobelpreisträger Obama hätte gut daran getan, sich mit den Angehörigen von palästinensischen Häftlingen zu treffen, anstatt das zu verweigern und nur huldvoll Briefe entgegenzunehmen. Das kommt davon, wenn ein Drohnenkönig Friedensnobelpreisträger wird.
Am 5. April ermordete in Tulkarem die "Verteidigungs"-Armee (IDF) brutal und durch gezielte Schüsse zwei palästinensische Jugendliche, 17 und 18 Jahre alt. Man rechtfertigte sich, die beiden hätten die Soldaten mit Molotowcocktails beworfen. Tatsächlich aber hatten sie Steine nach den Soldaten geworfen. Eine palästinensische Ambulanz konnte erst nach dreißig Minuten eintreffen, weil die Ankunft von der IDF verzögert wurde, da aber war Amar Nasser schon verblutet. Den Leichnam des zweiten durch die IDF ermordeten Jugendlichen fand man erst am nächsten Tag. Auch das ein merkwürdiger Umstand, der von der IDF natürlich bis heute nicht erklärt wurde. Bekannt wurde das nur durch den dritten verwundeten Palästinenser.
Nicht umsonst stationiert man im Westjordanland besonders oft "Haredi/Siedler Soldaten" (Orthodoxe). Warum das alles, diese zusätzlichen Provokationen im besetzten Westjordanland? Man fordert gezielt Gegenreaktionen mit dieser Kampfansage an die gedemütigten Palästinenser heraus. Ist es nicht ein verzweifelter Widerstand, dieser wehrlosen Jugendlichen und Demonstranten gegen die Willkür und Brüskierung durch den jüdischen Staat? Widerstand gegen Besatzung ist ein legitimes Grundrecht! Das sollte auch die "einzige Demokratie/Ethnokratie im Nahen Osten, mit der ausgestreckten, leeren Hand" nicht vergessen!
Beinahe täglich verletzt die IDF Palästinenser/Demonstranten, sieht Siedlern bei ihrem Treiben gegen die Besetzten zu und lässt diese in ihrem verbrecherischen und schändlichen Treiben gewähren. Ist der Name „Verteidigungsarmee“ nicht genauso verlogen wie die Berichterstattung über sie? Immer wieder schafft es der jüdische Staat, in der Medienwelt sein rassistisches Regime als friedliebender hilfloser kleiner Staat, der sich nur selbst verteidigt, darzustellen. Wir haben diesen "eingebetteten Interessen-Journalismus" satt, oder? Was musste ich am letzten Freitag in mehreren überregionalen Zeitungen lesen? "Erst beschießen Palästinenser mit Raketen, dann antwortet Israel mit Kampfflugzeugen." Schon dieser Vergleich ist eine Desinformation. Hier wird gleichgesetzt, was nicht gleichzusetzen ist. Oder: "Ein Kompromiss ist nicht möglich, weil beide Parteien aus religiösen-ideologischen Gründen dasselbe "Heilige Land" beanspruchen." Auch dieser Vergleich hinkt. Tatsache ist, das die Palästinenser nur ihre Freiheit und gleichberechtigte Unabhängigkeit erlangen und auf ihr verbrieftes Rückkehrrecht nicht verzichten wollen. Warum ist es Juden aus aller Welt erlaubt, in ein "fremdes" Land wieder "heimzukehren"? Sie kehren im Gegensatz zu den einheimischen Palästinensern nicht heim, sondern können mit Hilfe der Weltgemeinschaft ideologisch, zionistisch in den jüdischen Staat problemlos einwandern. Damit soll die Judaisierung in Israel immer mehr vorangetrieben werden. In einer anderen überregionalen Zeitung wird Palästinenserpräsident Abbas vorgeworfen, den Krebstod eines in israelischer Willkürhaft verstorbenen vierundsechzigjährigen Palästinensers propagandistisch auszunutzen. Tatsache ist auch hier, dass diesem Palästinenser, wie vielen Leidensgenossen eine adäquate medizinische Behandlung vorenthalten wurde, oder zu spät damit begonnen wird. In unseren deutschen Qualitätsmedien sieht man nicht die Horrorfotos von kranken Palästinensern, die mit Fußfesseln angekettet im Bett liegen. Ich frage mich, wie können das eigentlich die israelischen Gefängnisärzte mit ihrem Gewissen vereinbaren, wenn sie sich so verhalten und mit der Besatzungsmacht zusammenarbeiten. Verraten sie damit nicht ihr ärztliches Ethos? Warum wird diese Tatsache nicht einmal aufgegriffen und hinterfragt? Außerdem fragte sich der Kommentator doch allen Ernstes: "Warum israelische Soldaten palästinensische, jugendliche Krawallmacher im Westjordanland mit Schüssen in den Kopf und die Schulter töten, wo sie doch wissen müssen, welche Rachereflexe sie damit auslösen?" Ja, was erwarten denn die Kommentatoren dieser Zustände, auf die tödlichen Angriffe der IDF gegen Palästinenser? Zu dieser Logik fällt mir kaum mehr etwas ein, sie ist an kalter deutscher „Ausgewogenheit“ kaum zu überbieten. Wenn ich solche Zeilen lese, verzweifle ich wirklich an der deutschen Presse.
Warum schreibt man nicht über das Massaker von Deir Yassin, das sich am 7.April 2013 zum 65. Mal jährte, und an die Ermordung von 100 Palästinensern durch die jüdische Terrorgruppe Irgun unter Führung des Friedensnobelpreisträgers Menachem Begin, die Stern-Gruppe, und eine Eliteeinheit der Haganah, die tausende Palästinenser 1948 aus ihren Häusern vertrieb, und damit die Nakba, die Katastrophe der Palästinenser, auslöste?
Über diese Tatsachen wird leider der deutschen Öffentlichkeit nicht berichtet. Dafür plant der Bundesverband der jüdischen Studenten in Deutschland eine Propaganda-Aktion für "Gleichgesinnte", um Schüler über Israel und Juden und jüdisches Leben in Deutschland und Israel aufzuklären! Zitate: "Israel ist ein demokratischer Staat." "Jerusalem ist die Hauptstadt von Israel (nicht Tel Aviv)."
Das sind nur zwei "Kostproben" dieser geplanten Bildungsattacke auf deutsche Schüler, unter der Schirmherrschaft von Dr. Rita Süssmuth, ehemalige Bundestagspräsidentin, und Dr. Salomon Korn, dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland. Hoffentlich geht diese Propaganda-Aktion genauso baden, wie die von den jüdischen Sozialdemokraten initiierte SPD-Baumpflanzaktion für den Jüdischen National Fond (JNF).
Übrigens, ist es nicht nach der strategischen Entschuldigung bei Erdogan und der Türkei an der Zeit, sich bei den deutschen und anderen ausländischen Aktivisten, die auf der Mavi Marmara mitreisten, zu entschuldigen, und diese ebenfalls zu entschädigen?
Eine letzte Frage möchte ich noch stellen: Was wäre passiert, wenn die NSU jüdische Deutsche oder Israelis hier in Deutschland ermordet hätten? Hätte dann das bayerische Gericht genau so gehandelt wie jetzt? Gewiss nicht, denn der Zentralrat der Juden und die israelische Botschaft bzw. die israelische Regierung hätten gar nicht erst intervenieren müssen, denn sie wären mit Sicherheit nicht wie die Türken/Muslime/Migranten missachtet worden. Man hätte ihnen garantiert in vorauseilendem Gehorsam den halben Gerichtssaal freigehalten. Soviel wieder einmal zu zweierlei Maß! (PK)
Die Menschen fordern den politischen Systemwechsel im historischen Palästina. Für einen gemeinsamen demokratischen Staat für alle seine Bürger
findet die Zweite Palästina-Solidaritätskonferenz in Stuttgart 10.-12.05.2013 statt.

65 jahre israel/fortgesetzte Besatzung/ury avnery

"Die jüdische Opferrolle wird wie eine Flagge geschwenkt, die unsere ganze Politik rechtfertigt: die Besatzung, die Siedlungen, die Unterdrückung der Palästinenser, die Zurückweisung eines Friedens, .."
„Rund um uns wütet der Sturm…“

Uri Avnery, 13. April 13
... Israel sieht sich selbst als Insel im stürmischen Meer, von allen Seiten bedroht, jede Minute bereit, einem Tsunami ausgesetzt zu sein. 
ÜBER ALL diesem liegt etwas Ironisches.
Das zionistische Abenteuer begann mit dem Versprechen, für die Juden nach Jahrhunderten der Hilflosigkeit eine sichere Zufluchtsstätte zu schaffen.
Tatsächlich war dies – von aller ideologischen Dekoration befreit – das zentrale Thema des Bemühens. Überall waren Juden wehrlos und von der Gnade anderer abhängig. Hier im eigenen Staat wären wir in der Lage -  mit erhobenem Haupt. – uns selbst zu verteidigen.
Mit andern Worten: eine Ewigkeit lang waren wir das Objekt der Geschichte; jetzt haben wir unser Schicksal in die eigenen Hände genommen, ein Schauspieler auf der Bühne der Geschichte, eine Nation unter anderen Nationen. 
Davor waren wir Juden eine Art ethnisch-religiöse Entität. Mit dem Zionismus stellten sich die Juden – oder ein Teil von ihnen – als eine moderne Nation dar, die sich gegen jeden Feind selbst verteidigen kann.
In diesem Sinn war der Zionismus tatsächlich ein voller Erfolg. Seine Schöpfung, der Staat Israel, ist jetzt stark und sicher. 
ODER ? ....
Vor ein paar Tagen – am Holocausttag – erklärte unser Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, wir würden von einem zweiten Holocaust bedroht, der von einem nuklear bewaffneten Iran ausgeführt werden könnte.
Am nächsten Tag erklärte eine Gruppe internationaler Hacker, von pro-palästinensischen Gefühlen angeregt, einen Cyber-Krieg gegen Israel. Sie versprachen, die Hauptinstitutionen des Landes, die militärischen und die zivilen, die privaten und die der Regierung, lahm zu legen. Wie sich herausstellte, ist der Angriff elendiglich fehlgeschlagen. Es wurde kein bedeutsamer Schaden angerichtet. Aber bevor dieses klar wurde, antwortete der frühere Außenminister Avigdor Lieberman und verglich die Kampagne mit dem Nazi-Holocaust. 
Was ist das? Verfolgungswahn? Manipulationen? Ein politischer Trick? All dies oder mehr? 
IM ZEITRAUM von neun Tagen erlebt Israel drei nationale Ereignisse. Jedes Mal heulen die Sirenen, offizielle Feierlichkeiten und endlose Reden werden gehalten. Alle Fernseh-Kanäle, das Radio und die gedruckten Medien widmen sich vollkommen dem Thema des Tages.
Der letzte Montag war Holocausttag. Das ganze Land gedachte des entsetzlichsten Kapitels der Geschichte. Um 10 Uhr, beim Heulen der Sirenen, kam das ganze Land zum Stillstand. Die Autos hielten mitten auf der Straße, Männer, Frauen und Kinder stiegen aus und standen in Hab-acht-Stellung. Noch lebende Überlebende – meistens über 80 – erzählten ihre schrecklichen Geschichten, Zuhörer weinten.
In Yad Vashem hielt Netanjahu seine Standardrede – Nie wieder … Wir werden nicht … die iranische Bombe … zweiter Holocaust … 
Morgen Abend wird der Gedenktag für die gefallenen Soldaten sein. Das Land wird  der vielen  Tausende gedenken, die in Israels zahlreichen Kriegen gefallen sind. Trauernde Eltern werden Blumen auf die Gräber ihrer Lieben legen. Politiker werden Reden halten über das Leben, das  in heldenhafterweise für die Nation gegeben wurde, damit ein zweiter Holocaust  verhindert würde. 
Der nächste Tag wird ein Tag der Freude sein. Ohne Unterbrechung werden die Sirenen das Ende des Gedenktages ankündigen und den Beginn des Unabhängigkeitstages. Reden über die Opfer der Gefallenen werden abgelöst von Reden über den Ruhm und die Errungenschaften des Staates, der sich wie ein Wunder aus der Asche des Holocaust erhob. Im Mittelpunkt der Festlichkeiten steht die israelische  Armee, eine der stärksten und leistungsfähigsten in der Welt.
Die Nähe dieser drei Daten ist nicht zufällig. Es ist ein bewusster Versuch, Generationen von Israelis  mit der Idee zu durchdringen, dass Israel unter ständiger Bedrohung ist, wie die jüdischen Gemeinden in Europa während Jahrhunderten und dass unsere Armee der einzige Garant für unsere nationale und selbst die individuelle Sicherheit ist.
Viele Leute sehen dies als Manipulation an – die es tatsächlich ist. Unter Netanjahu erreicht dies neue Höhen bzw. Tiefen.  Die jüdische Opferrolle wird wie eine Flagge geschwenkt, die unsere ganze Politik rechtfertigt: die Besatzung, die Siedlungen, die Unterdrückung der Palästinenser, die Zurückweisung eines Friedens, der sich praktisch auf die Zwei-Staatenlösung gründet.
Es ist auch ein politischer Trick. Die ständige Erinnerung an die existentiellen Gefahren – im Iran, in Syrien, in Ägypten und sonst wo -  sind dafür bestimmt, die Bevölkerung um die Führung zu scharen. Bei der letzten Wahlkampagne präsentierte sich Netanjahu selbst als ein „starker Führer für einen starken Staat“. Macht nichts, dass er tatsächlich ein Schwächling ist, dafür bekannt, sich unter ausländischem und internem Druck zu unterwerfen. Panikmache ist seine wirksamste Waffe. 
DOCH WÄRE es ein großer Fehler, israelische Ängste als unecht abzutun, als wären sie künstlich erzeugt. Sie sind ganz real. 
Ausländer sind oft verwundert, wie Israelis im selben Satz - buchstäblich im selben Atemzug -behaupten, „Israel ist eine regionale Macht“, und wir werden nicht „wie Lämmer zur Schlachtbank gehen“, wie Juden (von Israelis behauptet)im Holocaust gegangen seien. Beides ist real. Beides lebt nebeneiander im Geist der meisten Israelis. 
Keiner, der während des Holocausttages in Israel gewesen ist, kann den leichtesten Zweifel über den riesigen Einfluss haben, den der Holocaust weiterhin auf uns ausübt. Die meisten von uns (mich eingeschlossen) haben Verwandte, die in der Shoa umgekommen sind. Das tiefe Gefühl für die Opferrolle, die Ängste und Befürchtungen liegen tief in uns. Es ist fast unmöglich, sie in wenigen Jahren zu überwinden.
-----
Die einzigen wirklichen Gefahren, denen Israel gegenübersteht, kommen von innen. Wahnsinnige Politik, die fortgesetzte Besatzung, der ständige Krieg, das Vordringen der fundamentalistischen Religion – dies sind die realen Ursachen, über die man sich Sorgen machen muss. ....
(Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert)